Kennen Sie ihn auch – diesen leisen Ekel, der Sie beschleicht, wenn Sie in Gebäuden oder Bahnen Türklinken, Haltegriffe oder Handläufe anfassen sollen? Gerade jetzt in der Grippezeit ist das für viele ein Grund mehr, mögliche Viren- und Bakterienquellen besser nicht zu berühren. Doch während man bei Türklinken häufig auf die „Ellenbogentechnik“ ausweichen und manche Haltegriffe umgehen kann, führt am Handlauf leider kein Weg vorbei, wenn Sie sicher auf Treppen unterwegs sein wollen.
Im betrieblichen Umfeld ist Sicherheit auf Treppen immer wieder ein Thema, auch wenn Arbeitnehmer gesetzlich nicht verpflichtet sind, den Handlauf zu benutzen. Unternehmen können sie jedoch über eine Gefährdungsbeurteilung zum Thema „Gehen“ implementieren. Eine Gefährdungsbeurteilung zum Gehen? Das klingt nun wirklich nach Bürokratie der feinsten Sorte. Denn selbstverständlich besteht beim Gehen die Gefahr, zu stolpern, zu rutschen oder zu stürzen, aber wahrscheinlich genauso wie beim Essen die Gefahr besteht, sich zu verschlucken. Sollte man meinen. Doch die Realität sieht anders aus. Immerhin rund 20 Prozent aller meldepflichtigen Unfälle in Betrieben gehen auf Stolpern, Rutschen oder Stürzen zurück. Auf Treppen nimmt diese Gefahr noch zu: Tatsächlich sterben in Deutschland mehr Menschen an den Folgen von Treppenstürzen als infolge eines Motorradunfalls – sagt das Statistische Bundesamt. Besonders gefährlich sind die ersten und letzten beiden Stufen, denn dann ändert sich zum einen die Schrittlänge, zum anderen sind viele dann noch nicht bewusst an der Treppe angekommen oder mit Ihren Gedanken schon wieder einen Schritt weiter. Ein simpler Handlauf kann diese Gefahr deutlich reduzieren.
Wer seine Hand aus Angst vor Dreck und Keimen nicht auf den Handlauf legen will, sollte sie zumindest in Lauerstellung, also wenige Zentimeter darüber halten, um im Falle eines Sturzes direkt zugreifen zu können. Wer die Hand lässig in der Tasche hält, ist dagegen garantiert nicht schnell genug. Ein weiterer Kompromiss in der Praxis gilt beim Transport von Gegenständen. Denn schließlich ist es wenig praktikabel, jeden Aktenordner in Gebäuden ohne Aufzug einzeln von einem Stockwerk ins nächste zu tragen, damit eine Hand für den Handlauf frei bleibt. Sollten Sie niemanden finden, der Sie beim Tragen von sperrigen Gegenständen unterstützt, gehen Sie jede einzelne Stufe bewusst langsam und aufmerksam, denn einer der Hauptgründe für Stürze ist Unaufmerksamkeit.
Doch wie bringt man Menschen dazu, auch ohne erhobenen Zeigefinger den Handlauf zu benutzen? Ein – wie wir finden – gelungenes Beispiel aus der Praxis hat Vattenfall in seinem Kraftwerk Moorburg umgesetzt. Dort zeigt das Treppenhaus die Schatten von verschiedenen Mitarbeitern beim Treppensteigen und mit der Hand am Handlauf. Den ausführlichen Artikel „Schatten an der Wand“ dazu finden Sie auf Seite 12 in der der Zeitschrift „etem“ Ausgabe 3/2013.
Die perfekte Treppe sollte sauber, trittsicher und gut beleuchtet sein. Zusätzliche Sicherheit bieten farblich hervorgehobene Ecken der Stufen. Hier finden sich im Netz eine Vielzahl von Tipps und Hinweisen – übrigens auch im oben genannten Beitrag. Wie wichtig eine Selbstverständlichkeit ist, fällt uns meistens erst auf, wenn wir in alten Gebäuden unterwegs sind. Denn entspricht einmal eine Stufe nicht der genormten Höhe, kommen wir garantiert ins straucheln. Die in vielen Anlagen verbauten Gitterrosttreppen bergen ein weiteres Risiko. Wenn sich die Zacken oder kleinen Noppen mit der Zeit abgelaufen haben, werden diese Treppen rutschig. Menschen, die eine solche Treppe häufig benutzen, kalkulieren das automatisch mit ein. Sollten Sie solche Treppen mit neuen rutschhemmenden Belägen versehen, informieren Sie Ihre Kollegen an Ort und Stelle darüber, sonst schaffen Sie eventuell ungewollt eine Unfallquelle, weil niemand mit dem neuen Gripp rechnet. Und sollten Sie doch einmal ins Straucheln geraten: Mit der Hand am Handlauf wird es garantiert nicht so schlimm.