Wenn es heute in Betrieben zu Unfällen kommt, liegt das in den meisten Fällen nicht an der eingesetzten Technik, sondern unserem Verhalten. Manchmal sind wir abgelenkt, nicht gut genug vorbereitet, müssen „mal schnell“ noch etwas erledigen oder nehmen ganz bewusst nicht den sichersten Weg, in der Hoffnung, dass schon alles gut-gehen wird. Und oft geht ja auch alles gut. Nur leider nicht immer.
Die folgenden Unfallursachen stehen bei uns im Chemiepark ganz oben auf der Liste – und nicht nur dort, sondern bei den meisten Unternehmen in der Industrie. Dabei begünstigen sich die Ursachen häufig gegenseitig oder es spielen mehrere Faktoren zusammen, damit es zum Unfall kommt. Trotzdem, diese fünf Verhaltensweisen führen besonders häufig dazu:
Sie ist eine der häufigsten Ursachen für Unfälle an Chemiestandorten. Denn wir machen uns im Vorfeld einer Tätigkeit oft nicht genug Gedanken, was dabei passieren könnte oder sind während der Aufgabe selbst gedanklich mit etwas ganz Anderem beschäftigt. Wer zuhause seinen Siphon reparieren möchte, wird wie selbstverständlich einen Eimer unterstellen und seine Nase nicht direkt an die Verschraubung drücken.
Bei Rohrleitungen unter Druck oder mit gefährlichen Inhalten ist deutlich mehr Vorsicht und Planung nötig: Was befindet sich neben, unter und über mir? Wie stelle ich mich am sichersten zu einem zu öffnenden Ventil? Kann ein Strahl mich oder andere treffen, sollte die geleerte Leitung doch nicht ganz leer sein? Wo muss ich besonders aufpassen? Wer Unfälle vermeiden will, sollte sich also im Vorfeld genau Gedanken über sein Vorgehen und mögliche Auswirkungen machen. Wenn Sie dann noch während der Arbeit selbst voll konzentriert bleiben, kann nicht mehr viel schiefgehen.
„Ach, für die Kleinigkeit tun‘s jetzt auch mal diese Handschuhe.“ Sicher ist es lästig, sich mit der richtigen Schutzausrüstung zu versorgen – insbesondere wenn die Arbeit selbst nur wenig Zeit in Anspruch nimmt. Und sicher, oft gibt es Bequemeres. Da wird es im Schutzanzug warm, die Handschuhe schränken die Beweglichkeit ein oder es beschlägt die Brille. Trotzdem, ohne den richtigen Schutz setzen wir uns unnötigen Gefahren aus. Im besten Fall dauert die Arbeit einfach länger, im schlimmsten Fall können wir uns empfindlich verletzen.
Wenn Sie das Gefühl haben, in Ihrer persönlichen Schutzausrüstung (PSA) nicht optimal arbeiten zu können, sprechen Sie mit Ihren Vorgesetzten. Heute gibt es für die unterschiedlichsten Tätigkeiten die passende Ausrüstung. Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, Sie entsprechend auszustatten. Dabei sind wir Arbeitsschützer gefordert, für Sie nach einer Lösung zu suchen. Doch wir können nur aktiv werden, wenn wir wissen, wo das Problem liegt. Also besser ansprechen als auslassen.
„Was soll da schon passieren?“ Eigentlich wissen wir, dass das, was wir gerade vorhaben, nicht ganz den Regeln entspricht – und entscheiden uns bewusst dagegen. Weil das passende Werkzeug gerade nicht greifbar ist, weil wir etwas abkürzen möchten oder weil wir uns schon in den Schutzanzug gequält haben, als uns auffällt, dass noch etwas fehlt.
Bewusstes persönliches Fehlverhalten verursachte letztes Jahr rund 16 Prozent aller Unfälle im Chemiepark Knapsack in Hürth. Bei uns ist zum Beispiel schon jemand in einen offenen Kanaldeckel gefallen, als er eine Abkürzung durch die Büsche nahm. Der Bereich war nur von der Straßenseite abgesperrt, weil niemand damit rechnete, dass sich ein Kollege durch’s Gehölz schlagen könnte.
In der Regel hat es also einen guten Grund, warum es Wege gibt oder ein Arbeitsprozess so und nicht anders festgelegt wurde – nämlich nicht um uns zu ärgern, sondern damit wir gesund bleiben. Deshalb - auch wenn es manchmal schwerfällt - am besten wir halten uns einfach da dran.
Die Arbeiten im Stillstand sind sowieso schon im Verzug, Sie müssen dringend nach Hause oder gefühlter Druck vom Chef – wer unter Zeitdruck gerät, dem passieren schnell Fehler. Dabei schaffen sich nach unserer Erfahrung viele Mitarbeiter den Zeitdruck selbst. Der Chef ist häufig deutlich entspannter, denn er hat viel mehr Ärger, wenn wir uns verletzen als wenn wir für unsere Arbeit etwas länger brauchen. Bei YNCORIS vertreten wir ganz klar die Ansicht: Sicherheit geht vor Wirtschaftlichkeit – und wissen dabei die gesamte Unternehmensführung hinter uns.
Ein nicht abgestimmtes Arbeitstempo ist übrigens neben Unachtsamkeit auch eine der Hauptunfallursachen, wenn zwei Personen zusammenarbeiten. Ist einer der beiden schneller als der andere, landet der Hammer leicht statt auf dem Werkstück auf der Hand des Kollegen. Versuchen Sie sich daher, von Zeitdruck soweit wie möglich frei zu machen. Auch wenn Ihr Kunde eine Prämie für die frühzeitige Fertigstellung ausgesetzt hat oder mit seiner Anfrage fünf Minuten vor Schluss bei Ihnen vorstellig wird: Arbeiten Sie konzentriert und kontrolliert. „Mal eben schnell“ geht schnell mal eben in die Hose.
Normalerweise bedeutet es ein Plus an Sicherheit, wenn mehrere Menschen zusammenarbeiten. Denn so kann jeder seinen Kollegen auf mögliche Gefahren hinweisen. Sind sie gleichzeitig an einem Bauteil beschäftigt, birgt die Zusammenarbeit jedoch auch Gefahren. Das gleiche gilt, wenn mehrere Teams – zum Beispiel während eines Stillstands – an einer Anlage arbeiten. Deshalb müssen Kommunikation und Koordination im Team und von Team zu Team funktionieren – und zwar bei der Planung, aber auch bei den Tätigkeiten selbst.
Wer mit anderen zusammenarbeitet, muss immer Verantwortung übernehmen. Nicht nur für sich und seine Arbeit, sondern immer auch für die Kollegen rund herum. Auch hier gilt, lieber einmal mehr nachfragen als zu wenig, lieber einmal mehr informieren als gar nicht. Schließlich kostet ein kurzer Ruf, wie: „Achtung, wir öffnen jetzt die Rohrleitung“, nicht viel Zeit.
In der Chemieindustrie fixieren wir Tätigkeiten mit einem hohen Risiko für Verletzungen und einer Gefahr für Mitwirkende und Unbeteiligte schriftlich über Arbeitserlaubnisscheine. Diese Scheine sind keineswegs nur eine Formalie, um sich im Falle eines Unfalls abzusichern, sie sollen vielmehr gewährleisten, dass Sie auch bei gefährlichen Arbeiten, jederzeit geschützt bleiben. Deshalb lohnt es sich auch, sich konsequent daran zu halten.