Mit guter Kommunikation ist es wie mit gesunder Ernährung: Theoretisch weiß so ziemlich jeder, wie wichtig sie ist, nur mit der Umsetzung im Alltag hapert es. Gerade wenn es hektisch wird und viele unterschiedliche Charaktere aufeinandertreffen, bleibt die Kommunikation trotz guter Absichten oft auf der Strecke. Auch bei Stillständen erhalten andere Aspekte auf der Tagesordnung oft größere Priorität, obwohl es gerade hier darauf ankommt. Dabei lässt sich schon mit relativ einfachen Mitteln viel erreichen.
Bei Stillständen ist eine gute Planung essentiell. Stimmt die Planung nicht, können Sie auch mit guter Kommunikation nicht mehr viel richten. Auf der anderen Seite will auch gute Kommunikation vorbereitet sein. Achten Sie schon bei der Auswahl Ihres Personals auf hohe Sicherheitsstandards und kalkulieren Sie mögliche Sprachbarrieren mit ein. Dienstleister, die Wert auf Sicherheitsstandards legen, setzen wahrscheinlich auch bei Qualität und Personal die richtigen Prioritäten. Das spart am Ende Zeit.
Eine besonders wichtige Rolle in der Stillstandskommunikation kommt den Koordinatoren der einzelnen Gewerke zu. Denn sie kennen die Kollegen, die Gefährdungsbeurteilungen und Arbeitsanweisungen. Doch auch sie können nur so gut arbeiten, wie sie vorab eingebunden wurden. Wer alle im Team rechtzeitig informiert, beugt Blockadehaltungen vor und schafft mehr Verständnis für notwendige Änderungen im Plan.
1. Übersicht über Ansprechpartner: Hängen Sie vor Beginn des Stillstands ein Organigramm mit allen Ansprechpartnern und Kontaktdaten gut sichtbar auf – und stellen sie sie idealerweise auch als Download-Datei für alle bereit. So weiß jeder direkt, wen er zu welchem Thema ansprechen kann.
2. Kick-off: Informieren Sie in einer Auftaktveranstaltung alle Beteiligten über grundsätzliche Themen. Hier können Sie ansprechen, wie Sie sich die Kommunikation vorstellen und was Ihnen besonders wichtig ist. Auch wenn ein Meeting dafür ausreicht, ein gemeinsames Frühstück sorgt von Anfang an für gute Stimmung.
3. Anlage kennenlernen: Klären Sie, wer die Anlage noch nicht kennt und weisen Sie alle „Neulinge“ bei einer Begehung auf Besonderheiten hin. Das reduziert Missverständnisse während der eigentlichen Arbeiten. Außerdem sollten alle wissen, wo sich der Sammelplatz bei einem Brand befindet.
4. Regelmäßiger Austausch: Jedes der beteiligten Gewerke besitzt in der Regel eigenen Koordinator. Helfen Sie mit, dass die verschiedenen Teamkoordinatoren sich kennen und regelmäßig austauschen, damit sich die Gewerke später nicht gegenseitig behindern, sondern miteinander arbeiten.
5. Zusammenhänge klar machen: Gehen Sie immer davon aus, dass der Handwerker vor Ort die Pläne und Zusammenhänge nicht kennt. Ihre Koordinatoren sollten ihm daher einen Überblick verschaffen, was in anderen Gewerken ansteht, insbesondere dann, wenn sich Tätigkeiten überschneiden können. Damit nicht neben den Isolierern jemand mit einer Flex für Funkenflug sorgt.
Das gleiche gilt für Zusatzarbeiten: Wenn Mitarbeiter konkret wissen, warum sich Überstunden nicht vermeiden lassen, ist die Motivation zur Mitarbeit meist deutlich höher.
6. Informationen durchreichen: Gibt es Tätigkeiten oder Informationen, die besonders sicherheitsrelevant sind, zum Beispiel Arbeiten in explosionsgeschützten Bereichen? Dann ist es wichtig, dass solche Themen nicht nur in Stillstandsbesprechungen angesprochen, sondern auch wirklich an die Handwerker an der Anlage weitergegeben werden.
7. Themen ansprechen: Planen Sie bei Betriebsbegehungen ausreichend Zeit ein, um Ihrem Personal die Chance geben zu können Positives und Negatives ansprechen zu können. Greifen Sie, falls nötig, solche Themen auch in den Stillstandsbesprechungen noch einmal auf.
Stellen Sie bei Begehungen fest, dass Mitarbeiter sich nicht an Abmachungen halten, lohnt es sich, nach dem Grund zu fragen. Häufig kommen dadurch noch Themen hoch, an die Sie vielleicht gar nicht gedacht haben. Zeigt ein Handwerker jedoch bei klaren Verstößen keine Einsicht, ist es häufig besser, sich trotz Termindruck von ihm zu trennen.
8. Am Ende: Sorgen Sie für einen runden Abschluss und thematisieren Sie mit allen noch einmal, was gut und was war schlecht gelaufen ist. Vielleicht lohnt es sich auch, erfolgreiche Handwerkerteams am Ende eines Stillstands mit einer Prämie zum Abschluss zu belohnen.
Mehr ist besser:
Ob aus Zeitdruck, aus Charaktergründen oder weil man es einfach nicht für nötig hält - häufig wird einfach zu wenig kommuniziert. Dabei gilt gerade in der Kommunikation: Viel hilft viel.
Missverständnisse:
In vielen Betrieben sind neben den offiziellen Bezeichnungen von Behältern und Co. auch noch andere Namen im Gebrauch, die das Stammpersonal häufig im Alltag nutzt. Davon können sie allerdings nicht bei Fremdfirmenmitarbeitern ausgehen. Achten Sie daher darauf, dass sich alle klar ausdrücken, damit ihr Handwerker auch wirklich die richtige Flanschverbindung öffnet.
Unterschätzte Sprachbarrieren:
Ob aus Polen, der Türkei oder Russland – manche Gewerke rücken mit Arbeitskräften einer Nationalität an, in der die meisten nur ihre Landessprache sprechen. Dabei sollte wenigsten ein Handwerker aus der Gruppe gut Deutsch verstehen, damit er alle Informationen an seine Kollegen übermitteln kann. Doch auch wer vermeintlich gut Deutsch spricht, muss nicht immer alles verstehen. Gehen sie deshalb besser nicht nur davon aus, dass es reicht, wenn der Fremdfirmenmitarbeiter die Betriebsanweisung gelesen hat, sondern versichern Sie sich, dass wirklich alle verstanden haben, worauf es ankommt.
Arbeitserlaubnisscheine:
Arbeitserlaubnisscheine sorgen dafür, dass jedes Gewerk alle nötigen Informationen für seine Arbeiten erhält. Was viele dabei vergessen: Manche Begriffe können für Sie etwas anderes bedeuten als für Ihre Fremdfirma. Reden Sie daher beispielsweise nicht von Standard-PSA, sondern beschreiben Sie genau, welche PSA Sie meinen. Denn Ihr Standard muss nicht der Ihres Dienstleister sein.
Im Zweifel nie:
Nicht immer sind alle auf dem gleichen Stand. Soll zum Beispiel eine Leitung geöffnet werden, muss diese Leitung sicher leer sein. Manchmal erhalten Mitarbeiter von mehreren Seiten widersprüchliche Anweisungen. Bestärken Sie alle Handwerker, mitzudenken und im Zweifel nicht weiter zu arbeiten, sondern nachzufragen, wenn sie den Eindruck haben, es könnten vorbereitende Maßnahmen nicht erfüllt worden sein oder Gefahren drohen.
Niemand behält den Überblick:
Arbeiten mehrere Handwerker an einem Anlagenteil, kann es schon mal eng und unübersichtlich werden. Sind für eine Tätigkeit viele Hände erforderlich, sollte einer den Überblick behalten und klare Ansagen machen: Wer muss weiter nach rechts, wer nach links, wann sollte etwas angehoben oder abgesetzt werden. Das schafft mehr Sicherheit.
Nicht geschimpft ist schon genug gelobt:
Mit Kritik sind die meisten Menschen schnell bei der Hand, mit Lob tun sich viele von uns schwer. Doch gerade eine ernst gemeinte und deutlich kommunizierte Wertschätzung motiviert jeden von uns.
Ja, gute Kommunikation kostet Zeit. Doch schlechte Kommunikation kann noch viel mehr Zeit kosten. Grundsätzlich können wir nicht davon ausgehen, dass unsere Wahrnehmung immer auch der unseres Gesprächspartners entspricht. Andere Lebenshintergründe, Kulturen oder Arbeitsweisen sorgen für andere Prioritäten.
Ohne die richtige Kommunikation reden wir nicht nur aneinander vorbei, sondern schaffen auch Hürden bei der Umsetzung des Projekts. Im schlimmsten Fall führt das zu Unfällen. Und jeder, der schon mal ein größeres Ereignis im Betrieb miterlebt hat, weiß, was das bedeutet. Arbeiten einstellen, Begehungen, Besprechungen – und das ganz abgesehen von möglichen materiellen Schäden, oder - noch schlimmer - verletzen Mitarbeitern. Dabei reicht schon eine falsche Dichtung aus. Wenn Sie stattdessen einen Teil der dafür nötigen Energie in Ihre Kommunikation stecken, sind Sie auf einem sehr guten Weg.