SIE VERSTÄRKEN NUN SEIT EINIGEN MONATEN DIE WERKFEUERWEHR. WIE SIND BISHER IHRE EINDRÜCKE?

Sandra Winkelmolen: Mir gefällt es super. Ich wurde von Anfang an von den Kollegen sehr gut aufgenommen und integriert. Inzwischen habe ich die verschiedenen Arbeitsbe­reiche kennengelernt und durfte schon ein paar Einsätze wie Feuer oder Produktaustritte erleben. Der Chemiepark ist beim Thema Sicherheit sehr gut aufgestellt. Bei der Werkfeuerwehr wird viel Wert auf Ausbildung und Übung gelegt, so dass im Einsatz jeder ganz genau weiß, was er zu tun hat. Es ist ein anderes Arbeiten als bei einer städtischen Feuerwehr, weil es natürlich andere Schwerpunkte gibt. Man weiß nie, was kommt und muss flexibel bleiben. Aber genau das macht den Job aus und spannend.

WAR IHNEN SCHON FRÜH KLAR, DASS SIE BERUFLICH ZUR FEUERWEHR MÖCHTEN?

Nein, zunächst habe ich was ganz anderes gemacht. Ich bin gelernte Bankkauffrau und habe BWL studiert. Während des Studiums habe ich aber begonnen, mich ehrenamtlich beim DRK (Deutsches Rotes Kreuz) zu engagieren. Dadurch wurde mein Interesse für den Rettungsdienst geweckt und ich habe mich zur Rettungsassistentin ausbilden lassen. Bei Einsätzen gab es natürlich immer wieder Berührungspunkte mit der Feuerwehr. Ich habe dadurch gemerkt, was ich eigentlich machen möchte. Nachdem ich im öffentlichen Dienst bei der Feuerwehr Wesseling angefangen hatte, bot sich mir die Mög­lichkeit, die Ausbildung zur Brandmeisterin zu absolvieren, was total Spaß gemacht hat. Insgesamt war ich zwölf Jahre bei der Feuerwehr Wesseling.

WARUM DANN DER WECHSEL IN DEN CHEMIE­PARK KNAPSACK?

Ich habe nach einer neuen Herausforderung und durch meine drei Kinder auch nach einem Arbeitgeber gesucht, bei dem sich Familie und Beruf gut vereinbaren lassen. Die Werkfeu­erwehr hatte zu dieser Zeit mehrere Stellen ausgeschrieben und so kam ich auf die Idee, mich für eine Teilzeitstelle zu bewerben. Beim Vorstellungsgespräch hat mir direkt alles sehr gut gefallen: Das Team, die Feuerwache, die Strukturen. Es hat einfach gepasst.

SIE HABEN GESAGT, DIE KOLLEGEN WÜRDEN SIE GUT INTEGRIEREN. MACHT ES DENN DABEI EINEN UNTERSCHIED, DASS SIE EINE FRAU SIND?

Ich glaube, anfangs hatten einige Kollegen schon Bedenken, als es hieß, dass es eine Frau im Team geben wird. Viele dach­ten, dass man jetzt ganz besonders viel Rücksicht nehmen oder mir alles hinterhertragen muss. Ich denke, da konnte ich aber alle vom Gegenteil überzeugen. Für mich ist es auch nichts Neues, die einzige Frau im Team zu sein. Ich bin nicht zimperlich, packe überall mit an und man muss mir definitiv nichts hinterhertragen. Das haben die Kollegen schnell ge­merkt. Bei der Feuerwehr geht aber eh nichts ohne Teamwork. Frauen können genauso anpacken wie Männer. Man ergänzt und hilft sich, wo es geht, und das macht Feuerwehr auch aus, völlig unabhängig davon, welches Geschlecht man hat.

IST DIE FEUERWACHE ÜBERHAUPT FÜR WEIBLICHE MITARBEITER EINGERICHTET?

Die gesamte Wache wird momentan umstrukturiert und umge­baut. Bis das alles abgeschlossen ist, finden sich immer Kom­promisse und Lösungen mit denen wir alle gut leben können.

IHRE KINDER SIND IM KINDERGARTEN- UND GRUNDSCHULALTER. WIE FUNKTIONIERT DAS DENN MIT DEM 24-STUNDEN-DIENST? WOBEI WIR DAS WAHRSCHEINLICH NICHT FRAGEN WÜRDEN, WENN SIE EIN MANN WÄREN …

Genau, wenn Sie jetzt mit einem neuen männlichen Kollegen bei der Werkfeuerwehr sprechen würden, dann spielte das gar keine Rolle. Aber um die Frage zu beantworten: Grundsätzlich ist alles eine Frage von Struktur, Planung und Organisation. Ich habe ein- bis zweimal in der Woche 24-Stunden-Dienst. In dieser Zeit kümmert sich mein Mann zu Hause um die Kinder­betreuung. Er ist beruflich ebenfalls bei der Feuerwehr, aller­dings im gehobenen Dienst. Da hat er eine gewisse Flexibilität. Zusätzlich haben wir ein tolles Netzwerk aus Omas. Für meine Kinder ist es ganz normal und spannend, dass Mama bei der Feuerwehr arbeitet. Mein jüngster Sohn und meine Tochter möchten später auch zur Feuerwehr – wie Mama und Papa.

WENN DAS SO GUT FUNKTIONIERT – WARUM STREBEN NICHT MEHR FRAUEN EINE BERUFLICHE LAUFBAHN BEI DER FEUERWEHR AN?

Gute Frage. Leider sind bislang in Deutschland überhaupt nur ungefähr zehn Prozent der Frauen in der Freiwilligen Feuer­wehr aktiv. Der Anteil der Frauen, die den Beruf der Feuerwehr­frau ausüben, liegt deutschlandweit mit knapp 2.500 Frauen nochmal deutlich darunter. Die Feuerwehr Köln hat vergleichs­weise gut 1.700 Mitarbeiter. Der Frauenanteil im Rettungsdienst ist deutlich höher und die Frauen auch schon wesentlich etablierter. Ich denke, viele Frauen trauen sich zu wenig zu und haben Angst, nicht allen Verpflichtungen aus Familie und Beruf gerecht werden zu können. Viele trauen sich auch nicht, nach Individuallösungen zu suchen. Eine Teilzeittätigkeit, wie ich sie derzeit ausführe, ist in unserem Berufsfeld noch in den Kinder­schuhen, und da ist es egal, ob man im Werk oder bei einer Behörde arbeitet. Es würden sich bestimmt weitere individuelle Lösungen finden, so wie bei mir. Beim jährlichen Bundeskon­gress der Feuerwehrfrauen gehe ich da auch immer gerne in den Austausch mit Kolleg*innen. Was ich auf jeden Fall klar sagen kann: Ich bin stolz auf meinen Job!